Sonettkranz


Sonett 1

Ich geb dem Pegasus den Zaum und reit,
bin gar so gern auf diese Weise rege.
Drum reit ich los in meinem Dichterkleid.
Ich hasse nasse, lange Reisewege.

Wer heute da schon an Geschichte denkt
das ist nicht meine, sei nicht deine Sichtung!
Es freut mich, wenn man mir Gedichte schenkt.
Ich lese ihre und auch seine Dichtung.

Der Spaß zu reimen ist bemerkenswert.
egal, wie lang auch Verse und Geschichten dauern,
der Spaß an sich den Sinn des Werkens mehrt,
obwohl wir oft beim langen Dichten schauern.

Aus Silben werden Wörter, ganze Sätze,
weil ich der Musen edle Söhne schätze,



Sonett 2

Weil ich der Musen edle Söhne schätze,
weil oft zum Himmel meine Träume ragen,
da macht es keinen Sinn, dass wild ich hetze,
will leise Träume durch die Räume tragen.

Es droht mich manchmal tags das Nichts zu lähmen,
ich fühle oft mich dann im Leeren schweben.
Das scheint den letzten Strahl des Lichts zu nehmen
in einem allzu geistesschweren Leben.

Doch kann ich oft mich gut vom Denken lösen.
Man kann nicht stets im Unerreichten leben,
mag mit gelockerten Gelenken dösen,
genieße gern den Saft von leichten Reben.

Wenn nachts im Wald ganz leis das Käuzchen schreit,
vergess ich immer wieder Raum und Zeit.

Sonett 3

Vergess ich immer wieder Raum und Zeit,
hab sanft mit zartem Rot den Leib gewandet,
dann weißt du, es ist locker, ist so weit …
Du hast es gern, wenn so dein Weib gelandet.

Wenn Wein die Seele metaphysisch nährt
bei weit ge
öffneten Terrassentüren
durch uns sein Geist dann dionysisch fährt …
versonnen in den Bowletassen rühren!

Du darfst mit Worten mich und Charme verwöhnen,
greifst manchmal auch dabei du Töne schief,
kannst Abend mir und Nacht ganz warm verschönen;
denn nur durch Wärme wird das Schöne tief.

Du kennst mich gut und weißt, was sehr ich schätze:
Begeistert stets ich auf das Schöne setze!

Sonett 4

Begeistert stets ich auf das Schöne setze,
will keineswegs nur auf das Große schauen.
Doch immer ich die Musenküsse schätze,
noch nie erwuchs mir da im Schoße Grauen.

Mich traf ein Geistesblitz mit Sturmgewalt,
als ich gedankenlos am Ofen saß
und fühlte mich ganz klein in Wurmgestalt,
nicht grad mein Brot mit Philosophen aß

Wollt mich entspannt in Sessels Leder wiegen
und keineswegs das All im Geiste meistern,
mich lümmeln: weder sitzen, weder liegen,
im Nebel sollte heut das meiste geistern.

Hinweg ihr Geister, will nicht mit euch ringen!
Ich mag nicht von Gemetzel, Dolchen singen.


Sonett 5

Ich mag nicht von Gemetzel, Dolchen singen,
will geistig nicht mich in Gefahren winden.
Nicht tragisch sollen meine Lieder klingen
und trotzdem irgendwie zum Wahren finden.

Erfind nicht 's Rad, erfind Geschichten neu!
Denn was ein Dichter auch im Guten leiste,
sei manches auch dabei mitnichten scheu,
stets tut er 's mit dem absoluten Geiste.

Oft fühlt man sich ganz leicht – im Leeren schweben,
hätt gern wie Hamlet 's Wort vom Sein gewagt,
und allzu gern im geistesschweren Leben
so viel, beschwingt vom roten Wein, gesagt.

Ein Bild steigt auf vom Helden, arg zerschunden,
vom Ritter, dem im Schlaf sein Schwert entwunden.


Sonett 6

Vom Ritter, dem im Schlaf sein Schwert entwunden,
der in den Kreuzzug nicht geschäftig hetzt,
hör gern ich. Wer hat 's Minnelied erfunden?
Die Minnesänger frau doch heftig schätzt.

Daraus zieht mancher längst die Lehre heute,
dass niemand über die Verehrten lacht.
Auch heute gibt 's noch Ritter, hehre Leute.
Man gebe doch auf die Gelehrten acht !

Selbst auch Politiker, sie denken scharf
und niemand sie ob ihrer Ethik tadelt
was man uns Menschen denn noch schenken darf.
Ob wohl zutiefst die Antithetik adelt?

Auch Kriege gibt es. Doch ich will nicht singen
von Waffenklirren oder solchen Dingen.


Sonett 7

Von Waffenklirren oder solchen Dingen …
Wie baut Obama eine heile Welt?
Afghanistan ganz sanft zum Aufschwung bringen,
zum Frieden, der auch eine Weile hält !

Wohl jeder Staatsmann nach viel Ehre lechzt.
Die Politik, sie soll zum Wahren finden.
Doch wer da schwer nach edler Lehre ächzt,
der wird sich bald schon in Gefahren winden.

Man sieht sich im Iran den Herrn entfalten:
Er träumt schon lang vom Kernreaktor fix.
Obama soll sich insofern enthalten.
Er lähme, meint Ahmadi …, Faktor X.

Wir träumten von Obama – hat er Schrunden? –,
vom Helden, dem beim Kampf sein Wert entschwunden.


Sonett 8

Vom Helden, dem beim Kampf sein Wert entschwunden.
Wer einst sich an solch kühnen Plan gewagt
und dann sich zuzog immer größre Wunden,
den hält ein jeder doch für wahngeplagt.

Bush konnte vom Irak die Hand nicht lassen.
Doch viele Niederlagen machen Sorgen.
Wie sollt da mancher Ami-Land nicht hassen?!
So gab Bush auf. „Packt eure Sachen morgen!“

Wer dächte wohl, dass kein Verhängnis dräute!
Jetzt in Afghanistan die Stürme toben.
Es bracht Obama in Bedrängnis heute,
dass Taliban um Felsentürme stoben.

Ich will mich gegen Lobgesänge wehren,
möcht nicht, wie Heine, das Lob Lores mehren.


Sonett 9

Möcht nicht, wie Heine, das Lob Lores mehren!
Es würde mir sehr großes Glück bereiten,
mit dir ganz ruhig hier mein Glas zu leeren,
möcht dich nach Hause dann zurück begleiten,

erst noch – es überhaupt nicht eilig habend
beschwingten Schritts durch die Arkaden laufen,
nicht hektisch, wie am letzten Heiligabend,
dann roten Wein im Vinoladen kaufen.

Pack ein, was deiner Tüte Hülle fasst,
nimm die CD noch mit – nicht reine Dichtung! –
Ich weiß, dass du die Menschenfülle hasst.
Drum schnell nach Hause jetzt – in deine Richtung!

Bei dir bin dann aufs „Rheinschiff“ ich gesprungen.
Wie schön hat Lore…, diese …ley, gesungen!


Sonett 10

Wie schön hat Lore…, diese …ley, gesungen!
Die Seele, immer schon bewegt durch Lieder,
hat auch an diesem Abend mitgeklungen …
Was altbekannt, wird neu belegt jetzt wieder.

Am nächsten Morgen – bei genauer Sicht
bemerkt ich Wespen, die versteckten sich
am Esstisch. Wer wird da wohl sauer nicht?!
Es scheut doch jeder den Insektenstich!

Pinzetten ich aus innerm Drange zückte,
nachdem die Wespe hart der Schläger traf,
dem Störer um den Leib die Zange drückte
mit warmen Worten: „Stachelträger, schlaf!“

Ich möchte hier nicht mit Details „beehren“,
will meinen Liebsten auch nicht Mores lehren.


Sonett 11

Will meinen Liebsten auch nicht Mores lehren …
Viel lieber gebe ich beglückend' Zeichen.
Er will (und kann) sich nicht dagegen wehren.
Wie Männer da sich doch entzückend gleichen!

Seit jeher mocht der Mann nie Busen missen.
Die Zeiten: locker mal, mal sittenstrenger,
wenn Musen küssten – oder Musen bissen.
Ja, schon zur Minnezeit, da stritten Sänger!

Wenn abendliche Sonnenstrahlen schmeicheln,
wenn fesselt uns die Nacht mit feinen Seilen,
lass gern ich meinen Hals, den schmalen, streicheln.
Gott Armor schießt ganz flink mit seinen Pfeilen.

Wie haben meine Reime hier geklungen?
Vom Schütteln hoff ich stets, es sei gelungen!


Sonett 12

Vom Schütteln hoff ich stets, es sei gelungen!
Ich hab beim Reimen mehr und mehr gelacht,
je weiter ich bin darin vorgedrungen,
hab manche Flasche dabei leer gemacht.

Wenn „Schütteldüfte“ in die Nase steigen,
man vor dem Auge „Schüttelszenen“ sieht,
dann kann der Reimer zur Ekstase neigen,
ein Kribbeln durch der Hände Sehnen zieht.

Daraus zieh jetzt ich diese Lehre heute:
Das ist schon selbst nicht ganz geheuer mir,
rein nichts für ernste, hehre Leute!
Sie meiden dieses Reimgemäuer hier.

Wer wollte ,ab' mich da vom Schütteln halten,
wenn Megakräfte sich im Hirne ballten!


Sonett 13

Wenn Megakräfte sich im Hirne ballten,
wenn sich der Abend sacht mit Schatten senkt,
dann muss ich reimend meines Amtes walten,
wenn Nacht schon tiefen Schlaf den Satten schenkt.

Das Scheiben macht mir dann am meisten Lust,
wenn laue Luft des Tages Helle füllt.
„Sei froh,“ sag ich, „wenn du nichts leisten musst
und sommers sich kein Mensch in Felle hüllt.“

Ein Gläschen Wein kann müde Dichter lenken.
Es drängt sie mehr und mehr nach Tatenruhm.
Der Alkohol im Kopf lässt lichter denken.
Doch nährt es nicht, das Literatentum!

Wenn gar zu lang ich wollte da gestalten,
musst oft vor Schmerz ich mir die „Birne“ halten!



Sonett 14

Musst oft vor Schmerz ich mir die „Birne“ halten …
Es nützte nichts – ich hab mich freigeschwommen.
Ob nun an warmen Tagen, ob an kalten …
es kann mir nicht, wenn ich da schweige, frommen!

Wie Spitzweg malte: Große Geisteswelt
Sie macht nicht reich. Wer wird vom Himmel satt.
Der Dichter braucht, profan, du weißt es: Geld.
Nicht jeder den Erfolg wie Simmel hat !

Mein Dichterfreund Hans-Heinrich wusste gut:
Es macht viel Spaß, im Reim-Gewühl zu fahren.
Trank er zu viel, bekam die Guste Wut.
Da fällt es schwer, noch das Gefühl zu wahren.

Auch ich merk immer: Ich werd nie „gescheit“.
Ich geb dem Pegasus den Zaum und reit !..



Sonett 15: Meistersonett

Ich geb dem Pegasus den Zaum und reit,
weil ich der Musen edle Söhne schätze,
vergess ich immer wieder Raum und Zeit,
begeistert stets ich auf das Schöne setze.

Ich mag nicht von Gemetzel, Dolchen singen,
vom Ritter, dem im Schlaf sein Schwert entwunden,
von Waffenklirren oder solchen Dingen,
vom Helden, dem beim Kampf sein Wert entschwunden,

möcht nicht, wie Heine, das Lob Lores mehren
– wie schön hat Lore..., diese ...ley, gesungen! –
will meinen Liebsten auch nicht Mores lehren,
vom Schütteln hoff ich stets, es sei gelungen!

Wenn Megakräfte sich im Hirne ballten,
musst oft vor Schmerz ich mir die „Birne“ halten!


Copyright by Renate Golpon, www.golpon.de

Ich habe auch Sonettenkränze mit traditionellen Themen und ohne Schüttelreime
geschrieben. Ein Beispiel finden Sie unter
www.omnipoesie.de/sonettkranz.html

Hier der Sonettenkranz als  PDF-Datei
Leider lassen sich nicht alle Endreime schütteln, weil es der „Bauplan“ des Kranzes nicht erlaubt. Das betrifft die blauen und rostroten Verse, die das Meistersonett ergeben. Im Meistersonett sind wieder alle Verse geschüttelt.