Sonettkranz

Sonett 1

Wir pflückten Blumen, ließen Träume walten
in Wald und Wiese, immer, immer wieder.
Aus blauem Himmel strahlte Glück hernieder,
Es konnte täglich neu sich dann entfalten.

In großen Liebeszaubers Allgewalten
umschwirrten Vögel uns in Buntgefieder.
Wir hörten ihr Gezwitscher, ihre Lieder,
uns wuchsen Schwingen wie den Leichtgestalten.

O, Lenz und Liebe! Tausend Hymnen schallen.
Wir klimmen dran empor, die Seelen schwingen
und möchten jeden Ton ganz neu erkunden.

Aus Tönen wird ein Lied, Akkorde wallen,
und Jubelchöre fangen an zu singen.
Es grüßte Lenz, ganz sonnenglanzumwunden.

Sonett 2

Es grüßte Lenz, ganz sonnenglanzumwunden.
Wir sahen uns nur – heiter, nur im Heute,
versanken in der Glocken Ferngeläute.
Nie hatte ich den Klang so rein empfunden.

Des Winters Kälte war schon lang entschwunden.
Sie wurde schnell des warmen Frühlings Beute.
Er fraß sie schlichtweg auf, was niemand reute,
ließ Wald und Flur im schönsten Grün gesunden.

Denn wenn der Wonnemonat Mai erst waltet,
dann regt sich alles neu mit Leben wieder.
Es fühlt sich die Natur nicht mehr geschunden.

Der Lenz – er hatte Leben frisch gestaltet.
In uns erklangen frühlingsleichte Lieder.
Wir wollten tausend Wunder neu erkunden.

Sonett 3

Wir wollten tausend Wunder neu erkunden,
die Welt nun sehen in ganz anderm Scheine,
nur noch zu zweit sein, niemals mehr alleine.
Ich fühlt' mich in dein Leben eingebunden.

So trotzten wir der Zeit, ganz lenzumwunden,
und deine Welt war wunderbar die meine.
Was stellte ich bislang schon auf die Beine?!
Vergangenheit – sie schlug mir blutig Wunden!

Doch hat die Zeit dann hart Tribut gefordert.
Wir wurden aus dem Paradies vertrieben,
bevor wir konnten richtig uns entfalten.

Wie häufig haben Sterne wir geordert!
Wir wollten Schnuppen, die bei uns verblieben,
die Wunder, die an uns vorüberwallten!

Sonett 4

Die Wunder, die an uns vorüberwallten!
Wir wollten greifen sie – mit ihnen leben!
Was könnte mehr dem Leben Fülle geben
als neue Liebe nach der alten, kalten!

Wenn Sterne funkeln – nur nicht an sich halten!
Sie ganz behutsam dort vom Himmel heben
und leise dann in wonnevollem Streben
zur Erde führen und als Herz gestalten!

Wir kosten Frühling aus – mög er verblühen! –
und lassen ihn getrost vorüberschweben.
Er deckte zu des Winters herbe Wunden.

Die neue Liebe wird doch ewig glühen,
nach Frühlings Scheiden neue Wunder geben.
Der Sommer nahte schnell mit langen Stunden.


Sonett 5

Der Sommer nahte schnell mit langen Stunden
und bracht verschwenderisch Natur zum Fließen.
Der Weg hat zwischen Blumen, die wild sprießen,
am Horizont den Himmel schon gefunden.

Der Sommer lacht, nachdem der Lenz entschwunden
und wir uns in die Arme schließen ließen,
um seine Pracht ganz gierig zu genießen.
Es ist der Zaun von Winden reich umwunden.

Der König Sommer, hoch auf seinem Throne,
er fühlt sich wohl, hält 's Zepter in der Rechten,
und Blüten fallen aus des Mantels Falten.

Sein stolzes Haupt schmückt eine Malvenkrone.
Die flinken Elfen mussten fleißig flechten.
Er ließ der Rosen Pracht sich neu entfalten!


Sonett 6

Er ließ der Rosen Pracht sich neu entfalten,
denn König Sommer zieht dem Licht entgegen,
lenkt seinen Schritt auf blumenreichen Wegen
geradeaus. Wir beugten uns verhalten

und ließen Freude, eitel Frohsinn walten,
ergötzten uns an reichem Erntesegen,
genossenen, wie die Blumen, frischen Regen,
erlagen Sommers Macht, der stark geballten.

Wir wanderten in Feld- und Waldbezirken,
wo Licht und Schatten oft sich schelmisch neckten,
verharrten unterm Baum, dem knorrig-alten.

Der Sommer gab uns junge, schlanke Birken,
bei denen wir uns wohlig niederstreckten,
und machte uns zu schwebenden Gestalten!


Sonett 7

Und machte uns zu schwebenden Gestalten!
Die Sinne rauschten wild, grad wie die Bäume,
ganz hoch gen Himmel flogen unsre Träume
und konnten gut sich in den Wolken halten.

Wie schön die Stunden, die der Liebe galten!
Die holde Zeit, sie schuf uns freie Räume
des Denkens und des Seins, ganz ohne Zäume,
in der wir leise Zwiegespräch gehalten.

Wie haben deine Blicke mich umfangen!
Die ganze Welt war mein, war mir zu eigen.
Nie vorher hatte ich so tief empfunden!

Du stilltest tausendfach doch mein Verlangen
im Sommer damals – unter grünen Zweigen,
als unsre Seelen filigran verbunden.


Sonett 8

Als unsre Seelen filigran verbunden
und die Gedanken eng verschlungen waren –
ich denke oft des Lichts in jenen Jahren,
der Unbeschwertheit sonnenheller Stunden,

wo wir der Liebe Blumenkranz gewunden,
des Lebens Sommer konnten froh erfahren
mit Sonne, Regen, Wind auf Haut und Haaren,
in Wald und Feld so frei, so ungebunden.

Der Sommer und der Jugend Freuden schwanden;
entstanden sind im grünen Laub nun Farben,
die letzten Rosen stehn an Sommers Wegen.

Des Sommers Wonnen kamen uns abhanden,
an warmen Tagen müssen oft wir darben.
Es kam der Herbst. Wir sahen auf den Segen.


Sonett 9

Es kam der Herbst. Wir sahen auf den Segen!
Wie einst auf Nächte junge Morgen blühten
und bunte Fackeln tausend Funken sprühten
aus fernem Osten leuchtend uns entgegen!

Doch nun, nach heißer Tage Tun und Regen
gab 's Sorgen auch beim Schaffen, Mühen.
Wir sehen lächelnd ihn jetzt grüßen, glühen:
den Herbst mit seiner Fülle auf den Wegen.

Und weit und breit, wohin die Blicke gleiten,
sehn wir den Erntereichtum üppig ragen,
kann die Natur ihr Segenshorn erschließen.

In Herbstes Sonne schaun wir in die Weiten.
Wir sehn den Rebstock dicke Trauben tragen.
Der Herbst lässt Wein und neue Wunder fließen.


Sonett 10

Der Herbst lässt Wein und neue Wunder fließen.
Die Sonne lacht. Wohin die Augen schweifen,
sind bunte Früchte, die für uns nun reifen,
wie einst der Lenz ließ bunte Blumen sprießen.

Wir wollen Herbstes Segen froh genießen,
die Äpfel pflücken, gelb mit roten Streifen!
Und hängen sie auch hoch, du kannst sie greifen
und dir die Herbsteswonnen voll erschließen.

Am Weinberg in den warmen Sonnenlagen
versteckt das rote Laub die reifen Trauben,
die ganz gewiss uns reiche Ernte geben.

Bald werden Winzer volle Körbe tragen …
Der Wein wird Platz in vielen Kellern rauben.
Ich trink ihn gern, den guten Saft der Reben!


Sonett 11

Ich trink ihn gern, den guten Saft der Reben!
Der Winzer Arbeit ich voll Freude preise.
Mein Lobgesang erklingt in heller Weise.
Das Blut der Reben hat stets Schwung gegeben!

Ich spüre Spannung, jugendliches Streben
und fühl mich wohl mit Wein im trauten Kreise,
genieße ihn, mal rot, mal weiß, zur Speise.
Des Herbstes Labe weckt gleich neues Leben.

Ich will das Leben gern mit Wonne trinken,
die Herbstumarmung heute pur genießen,
mich wohlig dann in Morpheus Arme legen.

Und will der Herbst dann scheiden, kühl mir winken,
dann lass ich keine Abschiedstränen fließen.
Des Winters Weiße soll die Ruhe hegen.


Sonett 12

Des Winters Weiße soll die Ruhe hegen
und seine Stille neues Sein bescheren.
Der Bäume Grün wird prächtig wiederkehren,
wo jetzt die Wälder sich zum Schlafe legen.

Des Winters Ruhe hat auch ihren Segen.
Es schlafen nun die Felder, die jetzt leeren.
Die weiße Decke soll die Kälte wehren,
die Flur umhüllen, sie sanft schonen, pflegen.

Im Lenz erstrahlt die Blütenpracht aufs Neue,
und sommers schwankt das Feld in Ährenwogen.
Der Herbst bringt Frucht, lässt edle Weine fließen.

Zum Wohl! Der Mensch sich an der Labe freue,
ist auch der Winter dräuend eingezogen.
Ein kalter Tag lässt warme Wünsche sprießen.


Sonett 13

Ein kalter Tag lässt warme Wünsche sprießen.
Den Herzen ist die Sehnsucht dann zu eigen.
Der helle Kerzenschein aus Tannenzweigen
lässt in die Augen Freudentränen schießen.

Wie Eltern Kinder in Erwartung ließen ...
In all den Wochen Heimlichkeiten, Schweigen!
Nun endlich können Kinder Jubel zeigen,
die Weihnachtsschätze gilt es zu genießen.

Das Fest vergeht; das alte Jahr entschwindet.
Voll Wehmut denkst zurück du an die Tage,
hörst wieder Kinderlachen dich umgeben.

Du sehnst nach Nähe dich, die eng verbindet,
sei frohen Muts, verlier dich nicht in Klage,
verlang nach Lenz, schwing hin zu neuem Leben!


Sonett 14

Verlang nach Lenz, schwing hin zu neuem Leben!
Ruht die Natur im tiefen Schlaf noch heuer
und zeigen Dächer – Bauernhaus und Scheuer –
mit weißen Mützen auch den Winter eben,

wir wolln ins warme Zimmer uns begeben
gemütlich sitzen da am warmen Feuer,
erzählen, schmunzeln über Abenteuer
und gern genießen roten Saft der Reben.

Komm, lass mit mir dich am Kamin hier nieder,
genieß den Wein, des Flackerfeuers Wärme.
Mag draußen doch der grimme Winter schalten!

Lass wärmen deine eiseskalten Glieder,
von Lenz und Sommer, von der Wärme schwärme.
Wir pflückten Blumen, ließen Träume walten ...



Sonett 15: Meistersonett

Wir pflückten Blumen, ließen Träume walten.
Es grüßte Lenz, ganz sonnenglanzumwunden.
Wir wollten tausend Wunder neu erkunden,
die Wunder, die an uns vorüberwallten.

Der Sommer nahte schnell mit langen Stunden.
Er ließ der Rosen Pracht sich neu entfalten
und machte uns zu schwebenden Gestalten,
als unsre Seelen filigran verbunden.

Es kam der Herbst. Wir sahen auf den Segen.
Der Herbst lässt Wein und neue Wunder fließen.
Ich trink ihn gern, den guten Saft der Reben!

Des Winters Weiße soll die Ruhe hegen.
Ein kalter Tag lässt warme Wünsche sprießen.

Verlang nach Lenz, schwing hin zu neuem Leben!

Copyright by Renate Golpon, www.golpon.de

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